badminton.de: “Marvin, wie hast du die Atmosphäre gestern bei eurem ersten Spiel in Paris empfunden?”
Marvin Seidel: “Die Stimmung war fantastisch! Wir hatten ein ausverkauftes Haus, die Atmosphäre war wirklich großartig!”
badminton.de: “Deine Frau Katrin hat dich kurz vor dem Spiel überrascht und sehr bewegt …”
Seidel: “Es war ungewiss, ob wir uns vor meinem Spiel noch sehen würden, aber kurz vor dem Aufwärmen, etwa 50 Minuten vor dem Spiel, habe ich sie getroffen. Sie schenkte mir eine Kette mit einem Anhänger, auf dem im Morsecode ‘Strength, Spirit, Love’ steht. Das war eine sehr coole Geste und ich musste erst einmal ein paar Tränen verdrücken. Vor meiner Abreise zu Olympia hat sie mir bereits einen drei Seiten langen Brief geschrieben, in dem sie beschrieb, was sie an mir toll findet, dass ich es verdient habe, bei den Olympischen Spielen dabei zu sein, und dass ich die Zeit genießen soll. Das war unglaublich süß!”
badminton.de: “Hat sie die Möglichkeit, alle deine Spiele in der Halle zu verfolgen? Und ist sonst noch jemand aus deiner Familie hier?”
Seidel: “Ja, meine Frau ist bei allen Spielen dabei. Außerdem sind meine Mutter, mein Vater und meine Schwester hier.”
badminton.de: “Deine Frau scheint dich insgesamt sehr zu unterstützen, besonders in den letzten Monaten. Wie genau hat sie dir geholfen?”
Seidel: “Ich hatte im Grunde zwei Gefühlslagen: Einerseits war ich super motiviert und wollte alles geben, viel trainieren, mich gut ernähren und den Lifestyle eines Profisportlers leben. Dabei hat sie mich hervorragend unterstützt – sie hat ein gutes Verständnis dafür entwickelt. Zum Beispiel sind wir jeden Samstag zusammen in den Kraftraum gegangen. Sie hat dann auch ihr Training gemacht, aber sie hat auch die Zeit genommen, wenn ich bestimmte Übungen absolviert habe, und mich immer wieder motiviert. Dann gab es auch Phasen, in denen man vor die Realität gestellt war: Man selbst gibt 100 Prozent, alles entwickelt sich gut, aber man kann trotzdem nicht das tun, was man eigentlich möchte – nämlich Wettkämpfe spielen. In dieser Zeit habe ich mir oft Existenzfragen gestellt, die alle Lebensbereiche umfassten – warum man das alles macht. Da ist es immer schön zu wissen, dass jemand anderes einen positiven Blick auf einen hat – denn man selbst blickt manchmal nicht ganz so positiv auf sich selbst. Und ich bin sehr dankbar, dass ich das zuhause habe.”
badminton.de: “Wo hast du sie eigentlich kennengelernt?”
Seidel: “Wir kennen uns schon aus der Schule. Wir sind bereits seit 15 Jahren zusammen.”
badminton.de: “Du hast heute Morgen am Ende des Trainings ein Einzel gegen den Spanier Pablo Abian gespielt – und ihr hattet beide sichtlich Spaß dabei. Hattet ihr euch vorher für ein gemeinsames Training verabredet?”
Seidel: “Nein, das ergab sich spontan. Ich habe ihn einfach gefragt, ob er Lust darauf hat … Dabei habe ich zuvor kaum mit ihm gesprochen. Aber das ist eben das Schöne am Badminton.”
badminton.de: “Ihr bestreitet euer zweites Gruppenspiel am Montag (29. Juli 2024) in der ersten Session um 8:30 Uhr. Wie wird dein Tagesablauf morgen aussehen?”
Seidel: “Ich übernachte heute in der Airbnb-Unterkunft von Katrin, die in Laufdistanz zur Halle liegt. Daher werde ich normal aufstehen, frühstücken und so zur Halle gehen, dass ich etwa eine Stunde vorher dort bin.”
badminton.de: “Was steht für dich heute noch an?”
Seidel: “Ich fahre jetzt zurück ins Dorf, mache dort Physio, habe noch ein Gespräch mit Hannes (Chef-Bundestrainer Hannes Käsbauer; Anm. d. Red.), werde eventuell noch ein wenig Krafttraining machen – Stabilisationstraining geht auch gut auf dem Zimmer – und fahre dann nachmittags ins ‘Deutsche Haus’, wo ich meine Familie treffe. Abends geht es dann zurück.”
badminton.de: “Dass die Olympischen Spiele dieses Jahr ganz in der Nähe stattfinden, ist für euch alle toll, oder?”
Seidel: “Das ist großartig! Außerdem kann die ganze Badmintonwelt in Deutschland alles so gut mitverfolgen. Der fehlende Zeitunterschied macht es viel einfacher!”
badminton.de: “Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin alles Gute!”
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